Die Entwicklung  der saisonalen Wärmespeicherung

Das man Wärme und Kälte über längere Zeiträume speichern kann, ist der Menschheit wahrscheinlich schon seit tausenden von Jahren bekannt und wird auf verschiedenste Weise genutzt. Ein gutes Beispiel dafür sind Eishäuser, die von Großbritannien ausgehend vor gut vierhundert Jahren in Europa eingeführt wurden (Kältespeicher) und die teilweise bis in die Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts genutzt wurden.

Kugelförmige Erdwärmespeicher

Mit dem Aufkommen von thermischen Solarkollektoren und im Zuge der sogenannten Ölkrise von 1973 begann verstärkt auch die Entwicklung von Wärmespeichern für die Bereitstellung von Warmwasser und zur Heizungsunterstützung. So wurde 1981 wurde vom Fraunhofer-Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung in Karlsruhe rechnerisch ermittelt, dass mehr als fünfzig Prozent der Heizwärme eines Gebäudes in Hamburg mit einem kugelförmigen Erdreichwärmespeicher in Kombination mit Solarkollektoren gedeckt werden können. Dieses Konzept beruht auf einem Patent (Nr. 2 700 822) von Herrn U. Hansen, in dem er vorschlägt, Wärme in konzentrischen Kugelschalen im Erdreich zu speichern und diese später für das Beheizen von Gebäuden zu verwenden. In jeder der Kugelschalen sollten sich Kunststoffrohre für die Zufuhr und Entnahme von Wärme befinden. Die Form der Kugel wurde gewählt, weil sie das kleinste Verhältnis von Oberfläche zu Volumen besitzt und es unterstellt wurde, dass so die Wärmeverluste minimiert werden können. Eine praktische Umsetzung erfolgte soweit bekannt allerdings nicht.

Große saisonale Wärmespeicher

Praktisch umgesetzt und untersucht wurden in Deutschland (gefördert durch die Bundesregierung) seit Mitte der neunziger Jahre größere saisonale Wärmespeicher zur Versorgung von Gebäudekomplexen oder ganzen Siedlungen. Dabei wurden vier unterschiedliche Speichertechnologien entwickelt und in Pilotprojekten überprüft ("www.saisonalspeicher.de"), mit dem Ziel, die Technologie bis zum Jahr 2020 zur Marktreife zu führen. Die Speicher haben dabei ein Mindestvolumen von eintausend Kubikmetern, weil man davon ausging, dass diese Größe kostengünstiger sei im Vergleich zu Speichern in Einfamilienhäusern.

Meine Kritik an dieser Vorgehensweise ist folgende:

"Es ist sicherlich generell richtig, dass man annehmen kann, dass eine größere technische Anlage kostengünstiger ist und wahrscheinlich mit einem höheren Wirkungsgrad arbeitet, als mehrere kleine Anlagen zusammen. Dies gilt aber nur, wenn die Anlage einen hohen Entwicklungsstand hat, also technisch ausgereift ist. Wenn man sich in der Entwicklung-Phase befindet und Kosten noch eine geringe Bedeutung haben, sollten der Bau und die Untersuchungen von vielen kleinen, sich unterscheidenden Anlagen, einen deutlich höheren Erkenntnisgewinn bringen als eine große Anlage. 

 

Desweiter kann und muss hinterfragt werden, ob ein großes Speichersystem wirklich  kostengünstiger sein kann, weil dieses zwangsläufig ein Nahwärmesystem und ein Grundstück für den großen Speicher benötigt und wegen der dezentralen Lage nicht die Möglichkeit besitzt, die unvermeidbaren Wärmeverluste zumindest teilweise zu nutzen (zur Erhöhung des Wirkungsgrades). In Einfamilienhäuser (teil-) integrierte Speicher benötigen nur kurze Versorgungsleitungen und es besteht die prinzipielle Möglichkeit, die Wärmeverluste zu nutzen. Auch sollte es bei den üblichen Grundstücksgrößen kein Problem darstellen, den Wärmespeicher außerhalb des Gebäudes zu platzieren, wenn dies aus bestimmten Gründen notwendig ist.

 

Damit verbleibt aus meiner Sicht nur ein theoretischer Vorteil bei größeren Neubauten-Gebieten, wo alles neu gestaltet werden kann und möglicherweise Platz auch kein wirkliches Problem darstellt. Da wir aber vor der Aufgabe stehen, alle Gebäude aus dem Bestand zukünftig mit nicht fossiler Energie wärmetechnisch zu versorgen, können große zentrale Systeme in nur wenigen Fällen sinnvoller sein als kleine dezentrale."

Solarhäusern in Deutschland

Dass auch andere meine Meinung über die Bedeutung von kleineren Systemen möglicherweise teilen, zeigt das Projekt "HeizSolar". In Zusammenarbeit mit dem Technologiezentrum der Solar- und Wärmetechnik (SWT) aus Stuttgart, der Technischen Universität Ilmenau sowie dem Sonnenhaus-Institut arbeitet das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE seit September 2010 an diesem Projekt (ausführliche Informationen unter "www.diesolarheizung.info"). In diesem Projekt werden sogenannte Solar-Aktiv-Häuser untersucht, deren Kennzeichen es ist, dass mindestens die Hälfte des Wärmebedarfs (Heizung und Warmwasser) solar gedeckt wird. Zielsetzung des Projektes ist, das Konzept des solarthermischen Heizens wissenschaftlich zu fundieren. Dazu wurden neun typische Gebäude ausgewählt, die den aktuellen Markt widerspiegeln sollen und diese wurden (oder werden) mit entsprechender Messtechnik versehen. Mit den gewonnenen Daten sollen dann dynamische Simulationsmodelle entwickelt und validiert werden, um letztendlich das Konzept des solarthermischen Heizens optimieren zu können.

Europäische Aktivitäten zur Beschleunigung der Entwicklung der Solarthermie

Die Institutionen der Europäischen Union unterstützen und fördern relativ viele Organisationen, die sich zum Ziel gesetzt haben, die Energieversorgung nachhaltiger zu gestalten. Die wahrscheinlich größte und umfassendste ist seit 2009 die "European Technology Platform on Renewable Heating and Cooling" (RHC-PT, "www.rhc-platform.org") mit 650 Interessenvertretern aus Industrie und Forschung. Diese versuchen für die vier Themenschwerpunkte Solarthermie, Biomasse, Geothermie und übergreifende Technologien die Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkte festzulegen, mit den entsprechenden Zeitrahmen, Aktionsplänen und der Sicherstellung der notwendigen finanziellen Mittel.

 

Die RHC-Platform ist aus der im Juni 2005 gegründeten "European Solar Thermal Technology Platform (ESSTP)" hervorgegangen und die 2008 eine Agenda "Solar Heating and Cooling for a Sustainable Energy Future in Europe" veröffentlicht (ESSTP, 2005) hat. Dieses Dokument beschreibt ein Forschungsprogramm und die notwendigen Infrastrukturen, die erforderlich sind, wenn in der EU-27 die Solarthermie fünfzig Prozent des gesamten Wärmebedarfs im Jahr 2030 decken soll. Für das Jahr 2010 wird davon ausgegangen, dass siebenundvierzig Prozent der Endenergie in der EU-27 für Heizzwecke verwendet worden sind. Um das fünfzig Prozent Ziel zu erreichen, soll eine neue Technologiegeneration von Anwendungen entwickelt werden, zu denen hauptsächlich solare Kombi-Systeme, die mit saisonaler Wärmespeicherung arbeiten, gehören, sowie Hochtemperaturkollektoren für industrielle Anwendungen und solare Kühlsysteme.

Deutsche Aktivitäten zur Beschleunigung der Entwicklung der Solarthermie

Für die Solarthermie übernimmt die Deutsche Solarthermie-Technologieplattform (DSTTP, "www.solarthermietechnologie.de") auf nationaler Ebene die Funktion, die die RHC-TP auf europäischer Ebene ausübt. Sie wurde 2007 mit dem Ziel gegründet, eine deutsche Expertenplattform zu schaffen, die die Potentiale der Technologie aus nationaler Perspektive erarbeiten und in die europäischen Diskussionen einbringen kann. So wurde auch die Agenda der RHC-TP maßgeblich mitgestaltet. Ähnlich wie in dieser wurde 2010 eine "Forschungsstrategie Niedertemperatur-Solarthermie 2030" für eine nachhaltige Wärme- und Kälteversorgung Deutschlands erarbeitet, die bereits in das 6. Energieforschungsprogramm der Bundesregierung aus dem Jahr 2011 eingeflossen ist und ebenfalls in die Forschungsförderung des Bundesumweltministeriums Eingang gefunden hat.

 

In dieser Forschungsstrategie geht man für Deutschland davon aus, dass vierundfünfzig Prozent des Endenergiebedarfs für die Wärmeerzeugung eingesetzt werden, von denen die Solarthermie langfristig fünfzig Prozent decken kann, wenn entsprechende Maßnahmen ergriffen werden. Dazu gehört zum Beispiel, dass bis 2020 die Forschungsförderung für Niedertemperatur-Solarthermie auf fünfzig Millionen Euro jährlich erhöht wird.